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Chronischer Schmerz

Chronische Schmerzen ist keine vollständige Diagnose

 Wir alle kennen Schmerzen. Sie sind Begleiterscheinung vieler Verletzungen oder Erkrankungen. Ebenso bringen Verletzungen mehr oder weniger starke Schmerzen mit sich. Im Allgemeinen fällt es uns leicht, z.B. Kopfschmerzen als die Symptome einer Erkältung oder einer zu langen Nacht einzuordnen.

Auch Schmerzen in oder an anderen Körperstellen, z.B. im Magen lassen sich häufig allgemein bekannten Krankheitsbildern zuschreiben. Aber obwohl Schmerzen meist stark belastend auf uns wirken, beruhigt uns das Wissen um ihre Ursachen. Das heißt, wenn wir den Ursprung des Schmerzes kennen, kennen wir im Allgemeinen auch den normalen Verlauf und wissen Bescheid über das voraussichtliche Ende der Erkrankung. Und dieses Wissen entlastet uns in unserem jeweiligen Leiden und hilft uns, es auszuhalten. In der Salutogenese wird dieser wichtige Gesundheitsfaktor „Verstehbarkeit“ beschrieben.

Aber was, wenn Schmerzen da sind, die sich keinem bekannten Krankheitsbild zuordnen lassen. Und was, wenn diese Schmerzen immer wiederkommen, und Schmerzmedikamente immer nur kurzfristig Linderung verschaffen? Was, wenn wir Ärzte diesem Leidenden („Patient“) mitteilen, dass seine Blutwerte, sein EKG oder MRT ganz ohne Befund sind und er „eigentlich“ gesund sei?

Eine meiner Patientinnen war in so einer Situation. Nennen wir sie Marianne. Marianne bezeichnete sich selbst als normalerweise „gesunde, intelligente, lösungsorientierte Frau“.  Marianne kam zu mir, weil sie seit etwa einem Jahr an fast ständigen Kopf- und Rückenschmerzen litt. Dadurch war ihr Alltag nach und nach mühsam und überfordernd geworden. Sie hatte mehrere Ärzte aufgesucht, aber dort keine Diagnose erhalten. Dass sie mit all ihrem Engagement die Schmerzen nicht in den Griff bekam, kratzte irgendwann auch am Selbstwert, so dass sich Unzufriedenheit und sogar Selbstzweifel entwickelten. „Bin vielleicht ich nicht okay?“, fragte sie sich.

Ich gehe in meiner beruflichen medizinischen Arbeit davon aus, dass der/die Patient/in recht hat. Nicht: „Der Patient ist falsch“, sondern wir als Therapeuten haben die Diagnose noch nicht gefunden.

Die Suche nach einer Diagnose, aus der man eine sinnvolle Therapie machen kann, nimmt in unserer ärztlichen Tätigkeit eine zentrale Rolle ein.

Schließlich gibt erst die Diagnose die Handlungsanweisung, was nun zu tun ist, wie behandelt werden sollte.

Kann es sein, dass wir bei den Volkskrankheiten Rücken- und Kopfschmerzen zu schnell bei der Diagnosefindung aufgeben? Ist „chronische Cephalgie“ oder „Chronisches schmerzhaftes LWS-Syndrom“ wirklich die Enddiagnose? Oder sind das nicht vielmehr reine Symptombeschreibungen. Die vielfältigen Ursachen kommen doch in der Diagnose gar nicht vor, so dass aus derartigen Diagnosen auch gar keine detailierten Handlungsanweisungen folgen können.

Im Falle von Rückenschmerzen sind doch die eigentlichen Diagnosen: Fehlbelastung, Myegelosen, Dysstress, Mikronährstoffmangel (Ja, Kollegen und Kolleginnen! Mikronährstoffmangel führt zu Schmerzen!), oxidativer oder nitrosativer Stress und auch Wirbelblockaden, wobei auch die eine tiefere Ursache haben. Wenn die Diagnose lautet „myegelotischer Rückenschmerz aufgrund von Fehlbelastungen“ ist die Therapie Haltungsschule, Krankengymnastik und Therapie des Hartspanns klar. Dieses Vorgehen würde aber nicht bei oxidativem Stress und ATP-Mangel helfen.

Mariannes Schmerzen sind für sie nun kein unlösbares Problem mehr. Sie freut sich, dass sie neue Methoden zur Entspannung und Entlastung des Rückens gelernt hat und Qi-Gong-Übungen kennt, die sie gut in ihren Alltag integrieren kann. Sie ist insgesamt gelassener, fokussierter und kraftvoller. Und sie fühlt sich sicher, weil sie einen medizinischen Partner an ihrer Seite weiß, der ihr zuhört und die für sie persönlich beste Lösung mit ihr zusammen erarbeitet.

Je ursächlicher die ärztliche Diagnose ist, desto sinnvoller und individueller ist die Therapie und natürlich auch effektiver.

Davon profitieren Arzt und Patient.

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